Der Nuthe-Bote Juni 1992
Unabhängige Monatszeitschrift / Ortsverein Bergholz-Rehbrücke e.V.
Unsere Straßennamen (11)
Eichhörnchenweg
Die alten Bergholzer nannten die direkte Verbindung zur Burgfischerei „Burgweg“. Es ist durchaus möglich, daß dieser Flurname schon aus der Zeit der "Neuen Burg" stammt, die wahrscheinlich nur ein befestigter Vorposten einer ''Alten Burg“ auf dem Kirchberg war. 1910 wurde der Burgweg in Burgstraße umbenannt. Dieser Name blieb bis zur Eingemeindung in Potsdam 1938 gültig und mußte dann geändert werden, weil es ihn in Potsdam (parallel zur Alten Fahrt) bereits gab.
In der Bevölkerung hat sich eine Legende gehalten, nach der ursprünglich der Name „Eichhornweg“ vorgesehen oder sogar schon beschlossen war. Er sollte angeblich an einen Berliner Polizeipräsidenten gleichen Namens erinnern, der dann aber in Ungnade gefallen sei. Um möglichst unkompliziert die Fehlentscheidung zu korrigieren, sei aus dem Eichhornweg der Eichhörnchenweg geworden.
Legenden haben meistens einen, wenn auch manchmal sehr kleinen, wahren Hintergrund. Was zu der Legende führte, ist leider nicht bekannt. Tatsächlich hat es kurzfristig in Berlin einen Polizeipräsidenten dieses Namens gegeben. Robert Emil Eichhorn (1863-1925) war ursprünglich Sozialdemokrat. Seit 1917 gehörte er der USPD an und übernahm unmittelbar nach der Novemberrevolution am 9. November 1918 dieses Amt. Bereits am 12. Januar 1919 wurde er wegen Begünstigung des Spartakisten-Aufstandes wieder abgesetzt. 1920 schloß sich Eichhorn der KPD an.
Das Schicksal dieses Mannes paßt zwar genau in die Legende, die politischen Verhältnisse 1938 machen eine solche Fehlentscheidung aber sehr unglaubwürdig, es sei denn, daß Eichhorn zeitweilig in Rehbrücke gewohnt hat und sich im Ort eine gewisse Achtung erwerben konnte, davon ist aber nichts bekannt.
Zwischen Alice-Bloch-Straße und Arthur-Scheunert-Allee gehörte der Eichhörnchenweg zur sog.“Neuen Kolonie“, der ersten Erweiterungsstufe des Ortsteiles Rehbrücke (1905-06).
Bereits 1907 wurde mit der Erschließung der zweiten Erweiterungsstufe östlich der Arthur-Scheunert-Allee begonnen, allerdings entstanden in diesem Bereich des Eichhörnchenwegs bis zum 1. Weltkrieg nur wenige Häuser, darunter die beiden Eckhäuser Eichhönchenweg-Ecke Arthur-Scheunert-Allee.
Im westlichen Teil des Eichhörnchenweges gehörten zu den ersten Häusern die Villa des Delikatessengroßhändlers Grebe und die beiden gegenüberliegenden Doppelhäuser.
Zu den markantesten späteren Bauten zählt das in den 50-er Jahren entstandene „Scheunert-Haus“, der letzte Wohnsitz von Prof. Scheunert, dem Gründer des Ernährungsinstituts in Rehbrücke. Seit 1974 ist dort die Kindergrippe untergebracht.
Der östliche Endpunkt der Straße bildet die Burgfischerei unmittelbar an der Nuthe. Die Geschichte dieser weit in die Vergangenheit zurückreichenden Ansiedlung geht über den Rahmen unserer Serie hinaus und wird in einem speziellen Beitrag näher behandelt.
Erika Haenel
Der Nuthe-Bote November 1992
Unabhängige Monatszeitschrift / Ortsverein Bergholz-Rehbrücke e.V.
Unsere Straßennamen (11)
Eichhörnchenweg - Ergänzung
AIs alte Rehbrückerin freue ich mich, daß der Nuthe-Bote wieder erscheint und lese ihn interessiert.
Zum o.a. Beitrag möchte ich ergänzen bzw. richtigstellen: Der "Burgweg" zur Burgfischerei wurde etwa 1930, nicht 1910, in "Burgstraße" umbenannt, als man beim besten Willen nicht von einer Straße sprechen konnte, was bei den Anwohnern heiteres Unverständnis hervorrief.
Erst nach 1945 -und das paßt durchaus in die politischen Verhältnisse - änderte man den Namen in „Eichhornweg". Nun wußte niemand mit diesem großen Tier etwas anzufangen, (daß Eichhorn ein Altkommunist gewesen war wie wohl auch Möricke, der Dichter schreibt sich nur mit k – war unbekannt), also folgerte man mit gesundem Menschenverstand daß es sich um das wohl bekannte Eichhörnchen handeln mußte. So entstand der Name Eichhörnchenweg".
Die Straße ist insofern rekordverdächtig, als sie innerhalb von rund 30 Jahren vier verschiedene Namen hatte.
(P.S. Ich habe meine Erinnerungen in alten Absenderangaben bestätigt gefunden).
Charlotte Settler, geb. Violet
(früher Burgstraße, Eichhornweg, Eichhörnchenweg 6a)