Der Nuthe-Bote März 1992
Unabhängige Monatszeitschrift / Ortsverein Bergholz-Rehbrücke e.V.
Unsere Straßennamen (8)
Straßenumbenennung – Richard-Kuckuck-Str./Mörikestraße
Im November 1991 wurde die Diskussion über die Straßennamen in Rehbrücke durch Frau Haenel eröffnet. Seither hat sich noch keiner zu Wort gemeldet. Ist das verwunderlich? Auf den ersten Blick vielleicht, doch beim genaueren Hinsehen meiner Meinung nach nicht mehr. Da steht nebeneinander „Unsere Straßennamen“ (3 und 4) und „Was ist ein Mankurt", und unter beiden Artikeln ist ein dicker Strich. Für mich bedeutet das Nebeneinandersetzen beider Artikel eine unglückliche Verknüpfung von Sachfragen mit Grundsatzfragen. Davon gab es in den vergangenen 40 Jahren genug, und das führte z.B. zu solch aberwitzigen Ergebnissen, daß der, der Rinderoffenställe für einen Unsinn hielt, dann zwangsläufig auch nicht für den Frieden sein konnte. Auf unsere Situation übertragen: für die Umbenennung gleich Mankurt gleich 'willenloser Sklave", „Geschichtsverdränger“ und "Anpasser“. Wer möchte schon riskieren, mit diesem Beinamen versehen zu werden? Ich bilde mir ein, auf mich trifft das alles nicht zu, und deshalb wage ich auch diese Zuschrift, weil ich für die Umbenennung der beiden Straßen bin.
Als Zugereister seit 1972 in Rehbrücke lebender Bürger sagen mir beide Namen nichts. Auch der Beitrag im November "Nuthe-Boten" bringt nichts Neues. Warum also festhalten an diesen Straßennamen? Gab es denn damals eine demokratische Mehrheit für diese Straßennamen oder war diese Namensgebung nicht doch mehr ein administrativer Akt der damaligen Machthaber?
Gab es nicht auch im Widerstand gegen Hitler Menschen, die ihr Leben für den Nächsten opferten, die aber nicht Kommunisten waren und die nur deshalb in der ehemaligen DDR von vornherein für Straßennamen gar nicht in Frage kamen?
Beide Straßen hatten vorher Namen, die sie jetzt wiedererhalten sollten, und so gesehen ist es auch keine Umbenennung, sondern eine Rückbenennung. Die Richard-Kuckuck-Straße sollte wieder Triftstraße und die Alice-Bloch-Straße wieder Lindenstraße heißen. Allerdings sollte die Alice-Bloch-Straße dann auch wieder durchgängig mit Linden bepflanzt werden.
Die Mörikestraße hieß ursprünglich Eichenallee. Sie wurde zwischen 1910 und 1912 angelegt und verläuft etwa parallel zur Wilhelm-Busch-Straße vom Platz am Ärztehaus zur Alice-Bloch-Straße. Das markanteste Gebäude in dieser Straße ist das „Graue Haus", über dessen Geschichte viel spekuliert wurde und wird. Der im Nuthe-Boten in zwei Fortsetzungen erschienene Beitrag von Herrn Siegfried Jahn zu diesem Thema dürfte hier einige Dinge klargestellt haben.
Die Umbenennung in Mörikestraße erfolgte zwischen 1939 und 1952 in Zusammenhang mit der Eingemeindung unseres Ortes in Potsdam.
Da es bereits eine Eichenallee zwischen Bornstedt und Eiche gab, mußte in Rehbrücke ein anderer Name gefunden werden. Es ist nicht der einzige neutrale Straßenname, der in jenen Jahren aus diesem Grunde geändert werden mußte.
Eduard Mörike: Geboren am 8. September 1804 in Ludwigsburg, gestorben am 4. Juni 1875 in Stuttgart, gehört zu den bedeutendsten Lyrikern seiner Zeit. Viele seiner Gedichte wurden von Hugo Wolf vertont. Zu seinen Prosawerken gehören der Künstlerroman "Maler Nolten“, das Märchen „Das Stuttgarter Hutzelmännlein" und besonders die Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag".
Gerhard Kruspe