• 775 Jahre Saarmund  Von 1871 bis zur Gegenwart

Der Nuthe-Bote August 1992

Unabhängige Monatszeitschrift / Ortsverein Bergholz-Rehbrücke e.V.


775 Jahre Saarmund


Von 1871 bis zur Gegenwart


Vergleicht man die Entwicklung der Einwohnerzahlen unserer Nachbargemeinden zwischen 1871 und heute, dann sind deutlich zwei Gruppen zu erkennen. Gemeinden wie Bergholz, Langerwisch, Michendorf und Güterfelde haben sich besonders durch den Bau von Landhäusern oder sogar der Anlage ganzer Landhauskolonien sehr vergrößert, während die überwiegend landwirtschaftlich orientierten Gemeinden Nudow, Fahlhorst und Tremsdorf, aber auch Philippsthal kaum gewachsen sind. Saarmund nimmt hier eine Zwischenstellung ein. Der Ort war schon 1871 im Vergleich zu den anderen Gemeinden relativ groß. Die Einwohnerzahl stieg aber von 647 auf nur knapp 1000 im Jahre 1990. Dazwischen gab es einmal eine Spitze von etwa 1400 Einwohnern, die aber nach wenigen Jahren wieder zurückging.

1871 wird Saarmund als Flecken geführt, was den Ort nach wie vor von den Orten der Nachbarschaft abhob. Das heute den Ort bestimmende Erscheinungsbild eines Knotenpunktes vielbefahrener Landstraßen in unmittelbarer Nähe der Autobahn und der Eisenbahn beginnt sich bereits in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts abzuzeichnen.

Zwischen 1883 und 91 erfolgte die zweite Nutheregulierung. Hatte die erste Regulierung Ende des 18. Jahrhunderts nur wenig bewirkt, da die Seitenarme weitgehend funktionstüchtig geblieben waren, so wurden nun durch ihre Abdämmung und den Durchstich besonders ausgeprägter Mäander die Verhältnisse schon wesentlich verbessert.

1891 werden zwei Bahnwärterhäuser in Saarmund erwähnt.

Das genaue Baudatum der Bahn liegt nicht vor. Nach Aussagen älterer Bürger wurde diese Bahn bis zur Fertigstellung des Berliner Außenringes nur fünf Gütertransporte verwendet. Die im Volksmund verbreitete Bezeichnung „Kanonenbahn“, die zeitweilig auch für die Strecke Wannsee - Seddin in Gebrauch war, deutet schon solchen Hauptverwendungszweck an. Um 1900 gab es in der Gemeinde 88 Wohnhäuser, in der Kolonie 13 und auf dem Gut ein Wohnhaus. Die Einwohnerzahl war inzwischen auf 760 gewachsen. Vom Ort wurden 376 ha, von der Kolonie 10 ha und vom Gut 653 ha + 121 ha Nuthewiesenanteil landwirtschaftlich genutzt. Kolonie und Gut bildeten in jener Zeit noch weitgehend selbständige Gemeindebezirke. 1908 wurde die Kolonie mit der Gemeinde vereinigt und 1928 auch das Gut. 1931 war die Zahl der Wohnhäuser auf insgesamt 128 mit 214 Haushaltungen gestiegen.

In den 30-er Jahren gab es wieder zwei große Bauvorhaben, die das Bild der Saarmunder Landschaft entscheidend beeinflußten. 1933/34 erfolgte die dritte Nutheregulierung. Mit dem Bau des schnurgeraden Nuthekanals hat das Tal seinen ursprünglichen Charakter endgültig verloren.

In diesem Zusammenhang wurde die alte hölzerne Voigtbrücke durch eine Betonkonstruktion ersetzt.

Der zweite Großbau war der Avuszubringer zwischen Saarmund und Rehbrücke. Dieser Bau machte eine Veränderung der Gemeindegrenzen zwischen beiden Orten erforderlich. Die ursprünglich am Torfgraben verlaufene Grenze wurde bis zur Autobahn vorverlegt.

Zwischen 1925 und 1939 war die Einwohnerzahl kurzfristig von 801 auf 1454 (an anderer Stelle 1311) Personen angewachsen. Bereits 1946 war die Zahl auf 1126 wieder zurückgegangen und pendelte sich in den Nachkriegsjahren um 1000 mit schwach fallender Tendenz ein.

Auf den Sprung der Einwohnerentwicklung wurde schon hingewiesen. Mehr oder weniger deutlich ist er auch in Fahlhorst, Güterfelde, Philippsthal und Nudow zu erkennen, alles Orte, die mittel- oder unmittelbar vom Autobahnbau betroffen waren. Hier könnte ein Zusammenhang bestehen. Nach Abschluß der Arbeiten gingen die Einwohnerzahlen wieder zurück.

1946 wurden in Saarmund insgesamt 355 ha landwirtschaftliche Nutzfläche enteignet und aufgeteilt. 1952 begann die Kollektivierung der Landwirtschaft mit der Gründung einer LPG des Typs I. Ihr folgte 1960 eine LPG des Typs lll, der sich 1972 auch die LPG in Bergholz-Rehbrücke anschloss.

Die 50-er Jahre brachten den bisher letzten großen Eingriff in die Saarmunder Landschaft, der Bau des Berliner Außenringes. Damit erhielt Saarmund einen eigenen Bahnhof, der trotz seines dürftigen Aussehens überörtliche Bedeutung erlangte. Nach der Fertigstellung des Außenringes wurde einem bestimmten Kreis von Staats- und Parteifunktionären untersagt, die damals noch funktionierende S-Bahn Potsdam - Erkner für Fahrten nach Berlin zu benutzen. Saarmund war mit dem Bus günstig zu erreichen, bot besonders diesem Kreis also eine brauchbare Alternative. In dieser Zeit entstand für den Außenring neben der Bezeichnung "Sputnik" auch der Name „Bonzenschleuder“.

Nach 1961 mußten dann auch alle anderen Reisenden den Außenring benutzen.

Die Wende 1989 brachte Saarmund nicht weniger Probleme als anderen Orten. Das wichtigste Standbein der Gemeinde, die Landwirtschaft, kämpft um seine Existenz, und entscheidende Änderungen oder wenigstens eine Stabilisierung der bestehenden lnfrastruktur sind erst in Ansätzen zu erkennen.

So wie Saarmund in den letzten hundert Jahren die dramatischen Ereignisse in Deutschland verhältnismäßig unbeschadet überstanden hat, so kann es auch heute der Zukunft gelassen entgegensehen.

Die Geschichte geht weiter. Bis zur 800-Jahr-Feier wissen wir, wie die Saarmunder mit der „Wende" fertig geworden sind.

Detlev Lexow


Das Jubiläum findet vom 28. bis zum 30. August statt. Den genauen Ablaufplan bitten wir

den öffentlichen Aushängen zu entnehmen.

Detlev Lexow

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