• Saarmund war doch eine Stadt

Der Nuthe-Bote Oktober 1992

Unabhängige Monatszeitschrift / Ortsverein Bergholz-Rehbrücke e.V.


Saarmund war doch eine Stadt


Heute zum Amt Rehbrücke gehörend, erinnern sich Saarmunder gern jener Zeit, da ihr Ort zu den Städten der Mark zählte, Sitz eines kurfürstlichen, später königlichen Rentamtes war, dessen Verwaltungsbereich sich bis – im Höchstfall – auf 20 Dörfer erstreckte.

Im Domstiftsarchiv zu Brandenburg befindet sich die Ersterwähnungsurkunde für Saarmund, versehen mit dem Datum vom 28.12.1217, wobei es sich um eine Grenzfestlegung des Archidiakonates Brandenburg durch Bischof Siegfried Il. handelt und gleichzeitig Besitz und Rechte des Domkapitels festgelegt werden.

In diesem Zusammenhang finden neben vielen anderen Orten Erwähnung Belzig, Niemegk, Treuenbrietzen, Beelitz sowie Saarmund, jedoch ohne einen Hinweis auf die Burg oder gar die Stadt. Erst 1375 benennt das Landbuch Kaiser Karl IV. Saarmund als "Städtchen mit Burg und Zollamt sowie landesherrlichem Obergericht." (Castrum et opydulum).

Vermutungen über ein Stadtwappen oder gar, wann das offene Städtchen sein verbrieftes Stadtrecht erhalten hatte, bestätigten sich nicht.

Auf der 1683 durch Samuel von Suchodoletz angefertigten Karte, des ältesten brandenburgischen Atlasses; wird Saarmund als "Kurfürstliches Amt" bezeichnet. Burg, Schloß und ein verhältnismäßig exakter Ortsplan sind zu erkennen.

Auch im "Historischen Ortslexikon für Brandenburg" wird Saarmund als Stadt aufgeführt. Zur Stadt Saarmund gehörte ferner eine "Königliche Domäne". bestehend aus dem Amtsgehöft und den Vorwerken Saarmund, Alt-Langerwisch, Schenkendorf und Fahlhorst. Jenes Vorwerk Saarmund gehörte zur Kolonie Saarmund, damals einer kleinen selbständigen Gemeinde mit eigenem Schulzen. die erst 1908 in den Ort Saarmund eingemeindet wurde. Die Eingemeindung des Gutes erfolgte 1928.

Eine Berufsstatistik aus dem Jahre 1801 spiegelt das Leben in unserem Städtchen wider, nennt rund 350 Einwohner, 1 königlichen Amtmann, 1 Aktuarius, 2 Aczisebediente, 6 Brauer, 2 Bierschenker, 2 Branntweinbrenner, 1 Weinmeister, 4 Branntweinschenker, 1 Kriegsmetzeinnehmer, 2 Tischler, 1 Zimmermann, 1 Hufschmied, 1 Wundarzt, 1 Ziesemeister, 1 Fleischer, 1 Fischer, 1 Gastwirt, 10 Ackerbürger usw.

4 Krammärkte, 1 Vieh-, 1 Hirse- und 1 Flachsmarkt wurden jährlich abgehalten. Die Bürger lebten in zwei massiven, 46 ziegelgedeckten und 10 strohgedeckten Häusern. 30 Scheunen werden noch erwähnt.

Obgleich die Stadt 1822 durch die auf dem heutigen Gelände der Gärtnerei Büdke gegründete Tuchfabrik einen Aufschwung des Handwerks erfuhr, begann Saarmund an Bedeutung zu verlieren. Vielfach waren die Gründe dafür. Verlief die alte Post- und Handelsstraße von Berlin über Saarmund nach Sachsen, so verlor Saarmund um 1790 durch den Bau der neuen Chaussee von Berlin über Potsdam nach Leipzig an verkehrstechnischer Bedeutung.

Die Poststation mit Pferdeausleih verkümmerte, das "Königliche Rentamt" (Verwaltungsstelle) wurde 1822 nach Potsdam verlegt. Die Bitte des Tuchfabrikanten Busse, Saarmund in den Verkehr der neuen Eisenbahnlinie einzubeziehen, wurde abgelehnt.

Dem Großbrand von 1824, wobei die Stadt "fast verbrannte", folgte 1840 ein weiterer. Völlig leer war nun die Gemeindekasse. Städte mußten jedoch als zusätzliche Steuer an den preußischen König eine "Kriegssteuer“ entrichten. Somit mag man mit dem Saarmunder "Rentamtsverweser" (Steuerbevollmächtigter) Wenner nicht zu hart vor Gericht gehen, der 1861 die wenigen zur Bürgerversammlung erschienenen Saarmunder bewegte, einen Antrag auf' Ausscheid aus dem Bund der Städte zuzustimmen. König Friedrich Wilhelm IV. lehnte das Anliegen ab, erst 1862 unter Wilhelm l. wurde dem Antrag durch den Kommunallandtag der Provinz Brandenburg stattgegeben. Saarmund war fortan "Marktflecken" und verlor das Braurecht, welches nur Städten vorbehalten war.

Theodor Fontane zerstört jegliche Illusion, die wir über unsere Stadt hegen, als er nach einem Besuch schrieb: "Der Eindruck des Öden, den die ganze Stadt macht, an dieser Stelle steigert er sich, denn hier war einmal Leben. Unter den Fenstern des ersten Stockes hin ziehen sich lange Wirtshausschilder, 'Stadt Halle', 'Stadt Leipzig', die sich fast wie Grab-schriften lesen über eine Zeit, die nicht mehr ist."

Verbergen sich die Anfänge unseres Städtchens unter dem Nebelschleier der Nuthewiesen, so ist doch das Ende urkundlich belegt.


Gestalten wir das Leben unseres Ortes so, daß jeder nur voller Wohlwollen, nie aber im Zorn an Saarmund denken möge.

Magdalene Grahl




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